Geschichte und Überlieferung
von Karatedo Doshinkan
Gründung und Leitung von Karatedo Doshinkan
Hanshi Isao Ichikawa (1935-1996) gründete
»Karatedo Doshinkan« und das Honbu-Dojo in Wien (Österreich)
- »Doshinkan« bedeutet »Schule«, in welcher der
»Weg des Herzens« gelehrt und betrieben wird. Nach Wien war
er 1967 gekommen, nach dem Tod seines Lehrers Kanken Toyama, der ihm den
10. Dan (den höchsten Grad) und den Titel »Hanshi« (den
höchsten Titel) verliehen hatte.
Als Gründer der neuen Schule Doshinkan war Hanshi I. Ichikawa gleichwohl
der Erbe Kanken Toyamas, denn dieser wollte nicht, daß nach seinem
Tod der Name »Shudokan« weiterverwendet würde.
Daishihan Kanken Toyama (1888-1966) war
einer der ersten, der Karatedo aus Okinawa nach Japan brachte und da unterrichtete.
1930 gründete er in Tokyo das Dojo der von ihm so benannten Schule
»Shudokan«. In dieser »Schule der Studien des Weges«
sollte Karatedo betrieben werden, doch wollte Kanken Toyama mit der Gründung
keinen neuen »Stil« (ryu-ha) gründen.
Auch Hanshi I. Ichikawa wollte keinesfalls durch Spezialisierung und Abgrenzung
einen »Stil« kreieren, sondern ein neues System, in dem Karatedo
als die Summe einer Kampfkunst betrieben und lebendig weitervermittelt
wird. Karatedo Doshinkan sollte aber nach dem Willen des Gründers
nicht mit dessen Tod zu Ende gehen, sondern weiterwachsen und sich fortentwickeln.
Hanshi I. Ichikawa war einer der ersten, der außerhalb Japans, in
Europa und von Anfang an auch in Mexiko und USA, eine ursprüngliche
Form des Karatedo breiter bekannt machte und lehrte: Karatedo als eine
Schulung des Menschen, ein Weg im umfassenden Sinn - nicht gewandelt in
eine sportliche Disziplin oder einen Wettkampf.
Sein ungewöhnlich gutes Auffassungsvermögen und Gedächtnis
brachten einen reichen Traditionsschatz an Katas und Techniken in die
neue Schule. Er kannte persönlich alle Mitglieder, ihre Namen und
ihren Entwicklungsstand.
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Hanshi Nobuo Ichikawa (1941 - 2019) leitete Karatedo Doshinkan
von 1996 bis 2019. Hanshi I. Ichikawa bestimmte ihn kurz vor seinem Tod zum Nachfolger
und verlieh ihm den 10. Dan sowie den Titel Hanshi.
An der Seite Isao Ichikawas hatte Nobuo Ichikawa seit der Gründung
der Schule wie niemand sonst deren Aufbau und Entwicklung in aller Welt
mitgetragen. In der tiefsten Kenntnis des gesamten Wissens von Karatedo
Doshinkan setzt er die Tradition fort.
Hanshi 10. Dan Nobuo Ichikawa verstarb am 6.3.2019.
Einige Zeit vor seinem Tod bestimmte er Shihan Masako Fujimoto-Stock
zu seiner Nachfolgerin als Hanshi 10. Dan.
Am 31.3.2019 hat sie mit der Übergabe des roten Gürtels die Nachfolge angetreten.
Das System von Karatedo Doshinkan
in historischer Perspektive
Der Meister trainiert mit allen Schülern, auch mit den Anfängern,
und stets führt er als Trainingsleiter beispielgebend alle Bestandteile
des Trainings selbst aus. In diesem Punkt unterscheidet sich Karatedo
Doshinkan vom älteren japanischen Lehrsystem. So können alle
Mitglieder direkt von Hanshi lernen. Und wenn Hanshi selbst alle Bewegungen
ausführt, auch die einfachsten Techniken, betont das die besondere
Bedeutung, die den Grundtechniken und ihrer fortwährenden Vertiefung
beigemessen wird. Die Bedeutung des scheinbar Einfachsten wird nicht geringer,
wenn Breite und Komplexität der Kenntnisse zunehmen.
Die Vermittlung von Karatedo Doshinkan basierte immer auf der Beziehung
von Meister zu Schüler und Schülerin. Allein auf diesem Weg
verbreitete sich die Schule über Länder und Kontinente.
Alle Mitglieder stehen in Kontakt mit Hanshi. Die einzelnen Dojos haben
Leiter oder Leiterinnen, die das Training in Hanshis Abwesenheit gestalten.
Die Berechtigung zur Graduierung ist allein Hanshi vorbehalten.
Wird eine Kampfkunst im ursprünglichen Sinn eines
Weges (»do«) betrieben, kann sich jeder und jede individuell
entwickeln, ohne sich mit anderen messen zu müssen. Eine vergleichende
Leistungsbeurteilung ist nur innerhalb der Entwicklung einer Persönlichkeit
möglich: zwischen ihrem »früheren Ich« und ihrem
»aktuellen«.
Karatedo Doshinkan bleibt in seiner Entwicklung stets offen, bleibt ein
Weg: für die einzelnen und als gesamtes System.
Trainingsgestaltung und Zielsetzung der einzelnen werden weder durch
universell gültige Prüfungsmodalitäten noch durch Wettkampfregeln
vorgezeichnet (Wettkämpfe gibt es überhaupt nicht). Die Kata
aber behält in diesem System ihre ursprüngliche Funktion als
Angelpunkt zwischen Tradition und offener Entwicklung. Katas vermitteln
das reiche Erbe aus der Vergangenheit, legen aber nicht die Form des
Trainings fest. Sie können immer neu interpretiert werden: in der Ausführung
der Katas selbst und als Ausgangspunkt für neue Gestaltungen des
Trainings.
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